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"Französische Frauen wollen nicht "Mann" sein - Vortrag von Suzanne Bohn

Vom: 25.05.2012

Am 23.5.2012 gab die Vorsitzende der Deutsch-Französischen Gesellschaft Detmold, Anrea Langhans, zu dem Vortrag von Suzanne Bohn vom 10. Mai folgende Pressemitteilung heraus:

"Die Französinnen sind auf eine ganz andere Weise emanzipiert als die deutschen Frauen," führte Suzanne Bohn, gebürtige Französin, literarische Übersetzerin und Kulturjournalistin in einem Vortrag zum französischen Feminismus aus. Die Referentin befand sich auf Einladung der Deutsch-Französischen Gesellschaft (DFG) in Detmold und überraschte die zahlreichen Zuhörer mit einer ihnen unbekannten Sichtweise auf die Entwicklung der Frauenbewegung in Frankreich.

"Französische Frauen wollen nicht "Mann" sein, sie zählen auf ihre erotische Ausstrahlung und meinen, auf diese Weise ihre Macht über den Mann ausüben zu können", so Bohn. Beispielsweise hätte es vor der französischen Revolution zahlreiche einflussreiche Kurtisanen und Maitressen am Hof gegeben, wohingegen die Gemahlinnen der Könige weniger bekannt gewesen seien. Noch heute existiere dieses etwas frivole Miteinander von Frau und Mann. So sei auch keine Französin beleidigt, wenn ein Mann hinter ihr herpfeife.

"Feminismus bedeutet in Frankreich das Gegenteil von Weiblichkeit und gilt dort vielerorts als Schimpfwort," referiert die Kulturjournalistin. Das sei auch der Grund dafür, dass nur wenige Berufsbezeichnungen offiziell in der weiblichen Form geführt werden dürften. Selbst in der Politik setzten sich erst langsam die femininen Versionen von Amtsbezeichnungen durch.

Die Zurückhaltung der Französinnen bei der Bekämpfung der männlichen Dominanz habe zur Folge, dass sie immer nur dann hohes Ansehen genössen, wenn sie "parierten", attraktiv und jung seien. Allerdings gäbe es bei den jungen Frauen inzwischen eine neue Tendenz, sich von dieser Bevormundung zu befreien. Man bekäme zwar Kinder (und die durchaus zahlreich), heirate aber nicht. Segolene Royale, die Ex-Partnerin des neuen Präsidenten Francois Hollande, sei hierfür mit ihren vier Kindern ein klassisches Beispiel.

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die in Frankreich durch Ganztagseinrichtungen für die Kinder nach deutschen Maßstäben vorbildlich gesichert sei, hat nach Ansicht von Suzanne Bohn nichts mit Emanzipations- oder Selbstverwirklichungsbestrebungen zu tun. Das staatliche Schulsystem sei von den Sozialisten gefördert und ausgebaut worden, um den Familien der weniger privilegierten Bevölkerungsschichten die doppelte Berufstätigkeit zu ermöglichen und ihnen damit eine finanzielle Existenzgrundlage zu schaffen.

" Ich hatte eine völlig andere Vorstellung vom französischen Feminismus, bevor ich Suzanne Bohn kennenlernte," resümierte Andrea Langhans, Vorsitzende der DFG, am Ende des ausgesprochen temperamentvoll vorgetragenen Referats und sprach damit den Zuhörern aus dem Herzen. "Das zeigt, wie wichtig es ist, sich über unsere beiden Länder auszutauschen."